Deutsche Gesellschaft für auDioloGie e. V.180 181
AbstrActs
18. JAhrestAgung „MultidisziplinArität in der Audiologie“
Beitrag wird präsentiert am 06.03.2015 um 10.24 Uhr im Rahmen der FV08
Zusammenhang zwischen Kurzzeit-/Arbeitsgedächtnisleistung und Sprachverstehen in
Abhängigkeit von der Versorgungsdauer mit Hörgeräten
S. Rählmann, (1), M. Meis (3), M. Schulte (3), J. Kießling (4), M. Walger (1, 2), H. Meister (1)
(1) Jean-Uhrmacher-Institut für klinische HNO-Forschung Universität zu Köln, Köln
(2) Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie am
Universitätsklinikum Köln
(3) Hörzentrum Oldenburg GmbH, Oldenburg
Laut „ease of language understanding“-Modell (ELU) findet beim Sprachverstehen (SV) ein
Abgleichprozess zwischen hörbahnaufsteigendem Eingangssignal (bottom-up) und der im
Langzeitgedächtnis (LZG) gespeicherten phonetischen Repräsentation (top-down) statt
(Rönnberg et al. 2013). Signalverarbeitungsalgorithmen von Hörgeräten (HG), wie z.B. Kom-
pression, Frequenzerniedrigung oder Störgeräuschreduktion, verändern das akustische Ein-
gangssignal abhängig vom Bedarfsprofil des HG-Trägers. Die Veränderung des akustischen
Eingangssignals durch HG kann zu einem Fehlabgleich mit der gespeicherten phonetischen
RepräsentationimLZGführen.UmdanneineÜbereinstimmungzwischenverarbeitetemEin-
gangssignal und unverarbeiteter phonetischer Repräsentation zu erhalten ist lt. ELU-Modell
ein mehrmaliges Durchlaufen der expliziten Verarbeitungsschleife nötig, was vermutlich mit
einer höheren kognitiven Belastung einhergeht.
DievorliegendeArbeituntersucht,obsichderZusammenhangzwischenKurzzeitgedächtnis-
(KZG)bzw.Arbeitsgedächtnisleistung(WM)undSVimStörgeräuschvonHG-Trägern(Rudner
et al. 2009, Meis et al. 2013) in Abhängigkeit von der Versorgungsdauer (VD) verändert (Ng
et al. 2014). Basierend auf der Hypothese, dass sich durch Akklimatisierungseffekte (Speiche-
rung,NeuablageverarbeiteterphonetischerRepräsentationenimLZG)beifortschreitender
VD eine größere Ähnlichkeit zwischen mit HG verarbeitetem Eingangssignal und phonetischer
RepräsentationimLZGergibt,solltesomitderZusammenhangzwischenWMundSVimStör-
geräusch abnehmen.
Im Rahmen einer retrospektiven, multizentrischen Studie wurden Datensätze von 49 HG-Trä-
ger im Alter von 45-86 Jahren (MW = 68,76) mit einer gering bis mittelgeradigen sensorineu-
ralen Schwerhörigkeit (MW BEHL = 42,22 dB HL) ausgewertet. Die VD mit HG betrug zwischen
0,5-28 Jahren. Hieraus wurden drei vergleichbar große Probandengruppen, die ausschließlich
in der VD variierten (VD1 bis einschließlich 3 Jahre, n = 18; VD2 = 4-6 Jahre, n = 16; VD3 > 6
Jahre;n=15),gebildet.ZurMessungvonSVimStörgeräusch(OlNoise)wurdederOldenbur-
ger Satztest (OLSA) verwendet. Unversorgte und versorgte Sprachverständlichkeitsschwellen
(SRT50% und SRT80%), wurden mit dem Master Hearing Aid (MHA) (Grimm et al. 2006) be-
stimmt.DieBerechnungderZielverstärkungdesMHAsfürdieversorgteMessungerfolgte
hörschwellenbasiertmittelsderAnpassregelNAL-RP.ZurBestimmungderindividuellenKZG/
WM Leistung wurden die neuropsychologischen Testverfahren „Verbaler Lern- und Merkfä-
higkeitstest“ (VLMT) und der „Reading Span Test“ (RST) (Carroll et al. 2014) verwendet.
Das Ergebnis einer Korrelationsanalyse zeigt einen signikanten Zusammenhang zwischen
KZG/WMLeistungunddemversorgtenSVimStörgeräusch(SRT50%/SRT80%),welcherna-
hezu systematisch mit der VD abnimmt sowie unabhängig von Alter und Hörverlust Bestand
hat. Dies steht in Einklang zu der Annahme, dass Erfahrung mit HG im Sinne von Akklimati-
sierungdenZusammenhangzwischenkognitivenLeistungenunddemSVverringert.Ausden
Ergebnissen lassen sich wichtige Erkenntnisse für die HG-Versorgung sowie für zukünftige
wissenschaftlicheStudiengewinnen.MöglicheEinussfaktorenaufdasErgebnissollendisku-
tiert werden.
Gefördert durch das BMBF-Verbundprojekt „Modellbasierte Hörsysteme“ Förderkennzeichen
(01EZ0741)
Literatur:
Carroll, R., Meis, M., Schulte, M., Vormann, M., Kießling, J., Meister, H. (2014). Development of a german reading span
test with dual task design for application in coginitve hearing research. International Journal of Audiology, 8, S1-6 [Epub
ahead of print]
Grimm, G., Herzke, T., Berg, D., Hohmann, V. (2006). The Master Hearing Aid: A PC-Based Platform for Algorithm Deve-
lopment and Evaluation. Acta Acustica united with Acustica, 92, S618-628
Meis, M., Schulte, M., Vormann, M., Wagener, K., Meister, H., Rählmann, S., Neher, T., Carroll, R., Kießling, J. (2013). Ko-
gnitive Leistungen und Sprachverstehen im Störgeräusch: Ein Vergleich kognitiver Testverfahren. 16. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Audiologie, Rostock
Ng, E. H., Classon, E., Larsby, B., Arlinger, S., Lunner, T., Rudner, M., Rönnberg, J. (2014).Dynamic relation between
working memory capacity and speech recognition in noise during the first 6 months of hearing aid use. Trends Hear.,
18, S1-10
Rönnberg, J., Lunner, T., Zekveld, A., Sörqvist, P., Danielsson, H., Lyxell, B., et al. (2013). The Ease of Language Understan-
ding (ELU) model: theoretical, empirical, and clinical advances. Front. Syst. Neurosci. S7-31
Rudner, M., Foo, C., Rönnberg, J., & Lunner, T. (2009). Cognition and aided speech recognition in noise: specific role
for cognitive factors following nine-week experience with adjusted compression settings in hearing aids. Scandinavian
Journal of Psychology, 50, S405–418
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